Liebe Gemeinde,

"Stille Nacht, heilige Nacht" - so singen wir heute am Heiligen Abend. Und wir hören die alte und wunderbare Geschichte von Maria und Josef auf der Reise nach Bethlehem in der kalten und dunklen Nacht, vom Stall und dem Kind in der Krippe, von Ochs und Esel, von Hirten und weisen Männern, vom Stern und von dem Engel am Himmel, von Musik und Licht in der Nacht und der Botschaft "Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede auf Erden, und den Menschen ein Wohlgefallen."

Und wie immer wollen wir uns über das Weihnachtswunder freuen und aus diesem Gottesdienst dann nach Hause kommen können in ein festliches Heim. - Sei es nun laut und fröhlich mit Kindern, oder still und besinnlich - beides ist möglich, aber vorher wollen wir uns anrühren lassen von der Weihnachtsbotschaft. Sie ist überstrahlt von einem Licht und überirdischem Glanz, den uns die Engel bringen: "Euch ist heute der Heiland geboren." Mit diesen Worten rühren sie uns an, damit steigt in uns auch eine große Sehnsucht auf, eine Hoffnung nach einer besseren Welt, nach einem besseren Ich, nach Liebe und Wärme und Wahrheit und Frieden für alle Menschen auf dieser Erde. Diese Geschichte ist für uns Christen zur Tradition geworden.

Etwa dreißig Jahre später, so wird erzählt, stellt sich Jesus als erwachsener Mann selbst vor. Nicht mit Engelszungen, jetzt klingt das ganz anders. Er ruft es laut an einem heiligen Ort, im Tempel zu Jerusalem: Wisst ihr wirklich, wer ich bin, und woher ich stamme? Ich bin nicht im eigenen Auftrag gekommen. Aber der, der mich gesandt hat, ist wahrhaftig, und den kennt ihr nicht. Ich aber kenne ihn; denn ich bin von ihm, und er hat mich gesandt.

Die Menschen zu jener Zeit stöhnten unter der römischen Herrschaft. Wie sehr sehnten sie sich nach einem Messias, einem Gesandten Gottes, der Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit bringt; vor dem jeder gleich ist und der für alle Menschen ein Auge und ein Herz hat. Aber bei Jesu Worten kamen ihnen Zweifel - "soll es der sein, der hier vor uns redet? Den kennen wir doch, das ist doch der Sohn von Joseph aus Nazareth.- Auch wenn seine Worte uns anrühren - so einer von uns, der kann es ja nicht sein. Nein." Sie schüttelten ihre Köpfe. Jesus merkt ihre Fragen und Zweifel. Und er antwortet ihnen: ,Ja, ihr kennt mich..., das soll heißen: ihr glaubt mich zu kennen. Aber in Wahrheit kennt ihr mich nicht. Mit Euren Augen gesehen komme ich aus Nazareth und bin Josephs und Marias Sohn. Aber mit Gottes Augen gesehen komme ich von ihm. Er ist mein himmlischer Vater. Mit mir will sich Gott euch bekannt machen, doch ganz anders als ihr es erwartet.

Wie ist das mit uns, liebe Gemeinde, heute am Heiligen Abend, wenn wir hier in der Kirche zusammen sind? - Wir haben die wundervolle Geburtsgeschichte wieder gehört. Von Maria und Joseph auf der Reise nach Bethlehem, über die Geburt im Stall, die Engel und die Hirten. Diese Geschichte gehört zu Weihnachten und ohne sie würden wir heute nicht feiern.

Aber wer ist er wirklich, dieser Jesus? Wo kommt er her? Die altbekannte Geschichte von der Geburt ist, (denke ich), das Bindeglied zwischen Gott und den Menschen, zwischen Himmel und Erde. Wir Christen brauchen diese Geschichte, mit ihr können wir uns an Weihnachten erinnern. Ich denke wir brauchen immer etwas, mit dem wir uns auskennen, um Neues kennen zu lernen.

So ist es, wenn wir in der Gemeinde für Kinder und Jugendliche eine Freizeit anbieten, dann fragen die Interessierten meist als erstes, "Wer kommt denn da noch mit?". Sie brauchen jemanden, den sie kennen, bevor sie sich an etwas Neues wagen. Und wenn Sie dann mit dem Bus schon bald bei der Herberge sind, dann fragen sie, "Wer kommt mit mir aufs Zimmer?". Sie wollen vertraute Menschen um sich haben. Insgeheim befürchten sie: "Wer weiß, ob ich schlafen kann, wenn da nur Fremde um mich herum, sind."

Und wenn wir ehrlich sind: Uns Erwachsenen geht es genauso. Wir brauchen Gewohntes und Bekanntes, um Neues kennen zu lernen. Mir scheint das Gott deshalb einen ganz einfachen Weg gewählt hat, um zu uns zu kommen. Nicht mit großem Prunk, nicht wie ein Kaiser oder König, kommt Jesus auf diese Erde, sondern er kommt als ein Kind. Ein Kind, das in Armut geboren wird. Ein Kind, dessen Leben von Anfang an in Gefahr ist, wie auch das Leben so vieler Kinder damals und heute. Ein Kind, um das sich die Mutter sorgt, und das vom Vater versorgt wird. Ein Kind, das größer wird, das zu einem erwachsenen Menschen wird, wie wir ihn in vielen Geschichten und Gleichnissen kennen gelernt haben. Das ist die Wahrheit des Christkindes, Gott ist Mensch geworden, weil er bei uns sein will und uns liebt.

Die Geburt des Gottessohnes, das unbegreifliche Wunder - stattgefunden vor mehr als zweitausend Jahren - berührt uns und lässt viele von uns auch in der modernen Zeit wieder an Wunder glauben. Dass mit den Jahren, Jahrzehnten und Jahrhunderten viele Traditionen zur Weihnachtszeit entstanden sind, macht die Geschichte noch kostbarer.

Sie kann uns gleichzeitig den Mut machen, auch im kommenden Jahr, mit dem Glauben an Gottes Führung, das Gute zu erwarten. Und weil Gott ein Kind geworden ist dürfen und müssen wir kindlich von ihm reden und singen: Davon zeugen viele Weihnachtslieder berühmter Komponisten: Ihr Kinderlein kommet?Weißt du, wie viel Sternlein stehen? Da heißt es weiter: Kennt auch dich und hat dich lieb. Solche Verse von Gott, dem liebenden Vater, finden wir auch in der Bibel. Im folgenden Brief stammt jedes Wort zwischen Anrede und Gruß daraus. Den Brief finden sie, als Geschenk zum mitnehmen, ausgedruckt nahe der Ausgangstür. Da heißt es:

Liebes Kind,ich kenne dich ganz genau, selbst wenn du mich vielleicht noch nicht kennst. Psalm 139,1 Ich weiß, wann du aufstehst und wann du schlafen gehst. Ich kenne alle deine Wege. Psalm 139,3 Ich habe dich nach meinem Bild geschaffen. 1. Mose 1,27

In Liebe, Dein Vater - allmächtiger Gott" Das ist die Wahrheit, die wir zu Weihnachten kennen lernen sollen: das Kind in der Krippe zu Bethlehem. Der Sohn Gottes im Tempel zu Jerusalem, eröffnet uns eine neue Welt und bringt uns dem Himmel nahe. Dieses Kind zeigt uns den wahrhaftigen Gott, der uns liebt, wie ein Vater seine Kinder. Er ist in allen Lebenslagen für uns da ist, freut sich und weint auch mit uns. Dass ist unser großes Geschenk, das wir alle Jahre wieder annehmen dürfen. Und wenn die frohe Botschaft in unserem Herzen Einzug gehalten hat, dann werden wir im Christkind, den erwachsenen Jesus Christus erleben, in dem Gott Mensch geworden ist. Dann können wir Neues kennenlernen, und ihm mutig nachfolgen in Worten und Taten. Und der Friede Gottes, welcher höher ist als all unsere Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus zum ewigen seligen Leben. Amen.