Tue, was du willst

Was hindert uns dieser Aufforderung zu folgen? Zum einen ist es wohl die Heftigkeit, die sie in sich birgt und, zum anderen das Gefühl, dass wir zu weit gehen könnten. Nur zu tun was man will, ohne Rücksicht auf Verluste, das beinhaltet etwas Maßloses. Aber zu tun was wir wollen und all unsere Energien auf etwas hin zu zentrieren, das kann uns auch im positiven Sinn über uns hinaus bringen. Jedoch alle jene Strebungen in uns, die auf Sicherheit bedacht sind, auf Überschaubares, alles in uns, was schon das Übermorgen gern geplant, gesichert und fertig hätte, zittert vor Veränderungen. Zu tun was man will, dass erfordert Kraft. Wenn wir selbstsicher auf ein Ziel zugehen, müssen andere Ziele sich unterordnen. Wenn mich etwas ergreift, packt, erfasst, worauf ich mich voll einlassen kann, dann kann das entweder zur Ausweitung meiner Persönlichkeit führen oder auch zu Niederlagen, bis hin zum Verlust des Selbstbewusstseins. Und wer weiß denn so ganz sicher, welche lohnenden Ziele sind? Und lohnend in Bezug worauf?

Doch was bleibt uns wenn wir unser Leben nicht risikoreich leben, und das Leben dann entsprechend langweilig wird? Denn egal ob wir uns große oder kleine Ziele setzen, erst durch immer wieder neue Herausforderungen gewinnen wir Lebensfreude und entwickeln uns.

Was bedeutet diese Aufforderung?

Tue, was du willst, bedeutet: Benutze die schöpferische Kraft, die in dir steckt, denn eben diese Kraft steckt hinter dem Drang zur Selbstverwirklichung. So sagt es auch der Psychologe C. G. Jung. Dadurch, dass wir unseren Ideen, Wünschen und Erkenntnissen Raum geben, gelingt es uns einen Sinn in unserem Leben zu finden. Erst wenn wir unser Leben schöpferisch gestalten und vollziehen erfahren wir, wie wir von Gott gemeint sind.

Dabei meint Selbstverwirklichung zweierlei: Einmal das Erreichen einer immer größer werdenden Selbständigkeit und Selbstverantwortung, andererseits eine Entwicklung im Sinne des "Werde, die/der du bist", d. h. dass jede und jeder von uns lebt, was in ihr oder ihm angelegt ist. Wir alle sind "Lebensträger", deshalb ist es wichtig, dass wir leben und die in uns angelegten Begabungen und Möglichkeiten entfalten.

Diese Selbstverwirklichung schließt den Mitmenschen nicht aus, sondern ein. Dazu Jung:"... denn die Beziehung zum Selbst ist zugleich die Beziehung zum Mitmenschen, und keiner hat einen Zusammenhang mit diesem, er habe ihn denn zuvor mit sich selbst."

Um zu tun, was uns selbst entspricht, müssen wir unsere eigenen Grenzen finden: Offen und empfänglich für die leisen schöpferischen Impulse unserer Persönlichkeit werden. Doch wo in all unserer Geschäftigkeit und unserem Gebrauchtwerden entdecken wir, was wirklich zu uns gehört. Wo bekommen wir Kontakt zu unseren eigenen Bedürfnissen, in einer Welt voller Institutionen und Systemen, die alle zu wissen meinen was wir brauchen. In den Illustrierten finden wir eine Fülle von Angeboten:

- Ein Weg, der sich für alle lohnt: Das Zukunftsprogramm der Bundesregierung. - Pflegetipps für Körper und Seele verspricht uns das Werbeblatt und zudem verspricht der Titel "Mehr Zeit für mich!" - I-Ging, Tarot, Zukunftsberatung, Schicksalsprognosen, Krisenberatung, Lateinamerikanische Magie, Energieübertragung, Astrologie werden von Frau Caro und den weißen Hexen angeboten. - Wissenschaftler verbessern unsere Lebensqualität, Gurus wollen uns retten und für jedes Problem gibt es Techniker und Ärzte. Für alles gibt es durchschnittliche Bewertungen, nach denen gemessen wird. Statistiken häufen sich.

Gerade weil es diese Fülle von Angeboten gibt ist es so wichtig Verantwortung für uns selbst zu übernehmen. Denn sonst leben wir ein fremdbestimmtes Leben, wir leben aus zweiter Hand. "Tu, was du willst!" das heißt: "Entscheide dich für dein Leben!" Wähle, wie du leben willst! Höre auf deine innere Stimme. Traue ihr! Traue dem, was du in der Tiefe deines Wesens von ganzem Herzen wünschst und glaubst." Denn:
Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

So sagt es uns "der kleine Prinz", ein Kind, in der gleichnamigen Fabel von Antoine de Saint-Exupéry.